top of page

Stoizismus & Training: Was wir von den alten Philosophen für Fitness & Disziplin lernen können


In den letzten Wochen habe ich das Buch A Guide to the Good Life: The Ancient Art of Stoic Joy von William B. Irvine gelesen. Dabei ging mir immer wieder durch den Kopf, wie sich die stoischen Prinzipien auf den Alltag anwenden lassen—und natürlich ganz besonders auf das Training. Schließlich geht es im Stoizismus um Disziplin, Selbstkontrolle und die bewusste Auseinandersetzung mit Herausforderungen. Das passt perfekt zu dem, was wir im CrossTraining täglich erleben.


Heute möchte ich ein paar zentrale Ideen des Stoizismus vorstellen und zeigen, wie sie dir dabei helfen können, nicht nur ein besserer Athlet zu werden, sondern auch ein gelassenerer, zufriedenerer Mensch.



Kontrolle über das, was du beeinflussen kannst


Eines der wichtigsten Prinzipien des Stoizismus ist die Dichotomie der Kontrolle. Marcus Aurelius schrieb:


"Du hast Macht über deinen Geist – nicht über äußere Umstände. Erkenne dies, und du wirst Stärke finden."


Aufs Training bezogen bedeutet das: Du kannst nicht kontrollieren, wie schnell dein Körper Fortschritte macht, ob du einen schlechten Tag hast oder ob es mal irgendwo zwickt. Aber du kannst kontrollieren, dass du regelmäßig trainierst, dein Bestes gibst und dich nicht von Rückschlägen entmutigen lässt.


Viele scheitern im Training nicht an fehlender Motivation, sondern daran, dass sie sich auf die falschen Dinge konzentrieren. Sie ärgern sich über langsame Fortschritte oder vergleichen sich mit anderen. Stoische Sportler dagegen fokussieren sich auf das, was sie beeinflussen können: Dranbleiben, die Technik verbessern, ihre Ernährung im Blick behalten und aus Fehlern lernen.



Negative Visualisierung: Bereite dich auf Schwierigkeiten vor


Ein weiteres Konzept aus dem Buch ist die negative Visualisierung. Das bedeutet, sich bewusst vorzustellen, was alles schiefgehen könnte, um mental darauf vorbereitet zu sein. Klingt erst mal deprimierend, ist aber extrem hilfreich.

Beispiel aus dem Training: Stell dir vor, dass du heute im Workout scheiterst—du schaffst die Gewichte nicht oder bist langsamer als sonst. Anstatt dich darüber zu ärgern, hast du dich schon darauf vorbereitet: "Okay, vielleicht habe ich einen schlechten Tag. Ich trainiere trotzdem weiter und mache das Beste draus."


Diese Denkweise hilft auch beim Thema Verletzungen. Wer sich mental darauf einstellt, dass irgendwann eine Zwangspause kommen könnte, ist weniger frustriert, wenn es tatsächlich passiert. Statt das Training hinzuschmeißen, kann man überlegen: "Was kann ich stattdessen tun? Kann ich andere Muskelgruppen trainieren? Kann ich an meiner Technik arbeiten?"


Doch die negative Visualisierung geht noch weiter. Im Stoizismus ging es letztlich auch darum, sich der Vergänglichkeit aller Dinge bewusst zu werden—einschließlich des eigenen Lebens (Memento Mori). Diese Perspektive kann auch eine starke Motivation für das Training sein:


Wenn du gerade keine Lust auf Sport hast oder dich in schlechten Ernährungsgewohnheiten verlierst, stelle dir vor, wo dich dieses Verhalten in 10, 20 oder 30 Jahren hinführen wird. Wie fühlst du dich dann? Bist du noch fit, schmerzfrei und beweglich? Oder kämpfst du mit Übergewicht, Gelenkproblemen und fehlender Energie? Die Vorstellung deines zukünftigen Ichs kann eine mächtige Motivation sein, heute bewusste Entscheidungen zu treffen. Trainierst du jetzt regelmäßig und ernährst dich vernünftig, legst du den Grundstein für eine gesunde und aktive Zukunft.



Vermeide übermäßige Abhängigkeit von äußeren Erfolgen


Ein typischer Fehler im Fitnessbereich ist es, die Zufriedenheit nur an äußeren Erfolgen festzumachen: das Wunschgewicht erreichen, eine bestimmte Anzahl an Pull-ups schaffen oder eine persönliche Bestleistung im Deadlift knacken. Natürlich sind das gute Ziele, aber stoische Denker würden sagen:


"Mache dein Glück nicht von Dingen abhängig, die nicht völlig in deiner Kontrolle liegen."


Was heißt das konkret? Trainiere nicht nur für Zahlen, sondern für das Gefühl danach. Fokussiere dich darauf, dass du stärker, widerstandsfähiger und gesünder wirst—unabhängig davon, ob die Waage oder das Gewicht auf der Langhantel genau das zeigt, was du dir erhofft hast.



Selbstdisziplin: Der Schlüssel zu echtem Fortschritt


Epiktet sagte:


"Schwierigkeiten zeigen den Menschen, wer sie wirklich sind."


Training ist eine der besten Möglichkeiten, Selbstdisziplin zu kultivieren. Jeder kennt Tage, an denen man keine Lust hat, sich schlapp fühlt oder lieber auf der Couch bleiben würde. Der Unterschied zwischen Erfolg und Stillstand liegt genau hier: Wer trotz innerem Widerstand ins Training geht, gewinnt langfristig.


Stoiker würden es so sehen: Der Moment, in dem du eigentlich aufgeben willst, ist deine Chance zu wachsen. Du trainierst nicht nur deinen Körper, sondern auch deinen Geist. Wenn du es schaffst, dich hier durchzubeißen, wirst du das auch in anderen Lebensbereichen können.



Mäßigung: Balance zwischen Ehrgeiz und Erholung


Ein weiteres wichtiges Prinzip im Stoizismus ist die Mäßigung—das richtige Maß zwischen Übertreibung und Nachlässigkeit. Viele denken, mehr Training ist immer besser, aber die Stoiker würden warnen:


"Nichts im Übermaß."


Hart zu trainieren ist gut, aber Übertraining, Vernachlässigung von Regeneration oder ungesunde Diäten sind nicht nachhaltig. Das Ziel sollte sein, langfristig gesund und fit zu bleiben. Deshalb ist es stoisch, sein Training so zu gestalten, dass man konstant dranbleiben kann, ohne sich kaputtzumachen.



Fazit: Stoizismus macht dich nicht nur fitter, sondern auch mental stärker


Stoizismus und Fitness haben mehr gemeinsam, als man auf den ersten Blick denkt. Es geht darum, sich Herausforderungen zu stellen, sich nicht von Rückschlägen entmutigen zu lassen und konsequent an sich zu arbeiten.

Wenn du das nächste Mal im Training bist, denk vielleicht an folgende Fragen:


✔️ Konzentriere ich mich auf das, was ich kontrollieren kann?

✔️ Bin ich mental darauf vorbereitet, dass nicht immer alles perfekt läuft?

✔️ Mache ich mein Glück nicht nur von äußeren Erfolgen abhängig?

✔️ Habe ich die Disziplin, auch dann zu trainieren, wenn es schwerfällt?

✔️ Halte ich eine gesunde Balance zwischen Ehrgeiz und Erholung?


Wer diese Prinzipien in sein Training integriert, wird nicht nur fitter, sondern entwickelt auch eine mentale Stärke, die weit über die Halle hinausgeht. Und das ist es doch, worum es letztlich geht

 
 
 

Comments


bottom of page